Warum das Bürgerticket bald kommt…

Kai Gondlach

Da sich die Grünen Berlin mittlerweile sehr intensiv mit dem Thema „Bürgerticket“ beschäftigen und dies auch öffentlich kundtun, gab es eine forsa-Umfrage, die vom stern beauftragt wurde. Demnach „befürworten 48 Prozent der Bundesbürger diesen Vorschlag, wenn die Abgabe deutlich billiger wäre als eine Zeitkarte. Etwa genauso viele, nämlich 47 Prozent, lehnen ihn ab.“ (Pressemitteilung zum kostenlosen ÖPNV Gruner+Jahr, Stern). Das sind deutlich mehr Befürworter als ich erwartet hätte. Die oft nicht besonders durchdachten Vorbehalte gegen eine Pauschalgebühr hatten in der medialen Berichterstattung bislang immer Oberhand. Das liegt möglicherweise daran, dass oft sehr selektiv Stimmen zu Wort kommen.

Kostenloser ÖPNV / Bürgerticket in Berlin

Das Konzept vom Bürgerticket der Grünen Berlin sieht vor, dass alle Berliner eine monatliche Mobilitätsgebühr in Höhe von 15 Euro zahlen und dann „kostenlos“ den ÖPNV nutzen können. Ausgenommen davon sind natürlich Kinder, Senioren und sozial Schwache. Um den Verkehr zu Spitzenlastzeiten in den Morgen- und Abendstunden zu regulieren, müssen auch BerlinerInnen in dieser Zeit (stark vergünstigte) Fahrscheine lösen.

So weit klingt das ja ganz gut. Die Schwachstelle kommt noch erst: Touristen bzw. Pendler von außerhalb müssen trotzdem ein Ticket ziehen. Dadurch wird aber der enorme Einspareffekt durch die Abschaffung des Vertriebssystems (Ticketautomaten und deren Wartung, Tickets, Ticketkontrolleure…), was immerhin bei Verkehrsunternehmen bis zu 10% des Umsatzes ausmacht, ignoriert.

Schritt zurück: Vorteile durch mehr ÖPNV

Die ganzen positiven Effekte einer signifikanten Stärkung des ÖPNV bzw. Verlagerung des Individualverkehrs auf den ÖPNV gäbe es vermutlich trotzdem. Diese habe ich (und viele andere) anderswo schon umfassend beschrieben, trotzdem hier noch mal eine kurze Liste:

  • weniger Autos auf den Straßen
  • weniger Stau
  • weniger Schadstoffemissionen
  • weniger Lärm
  • weniger Unfälle (Auto vs. Auto, Auto vs. Radfahrer und Fußgänger)
  • weniger Flächenverbrauch durch Verkehr
  • insgesamt eine positivere Bilanz des Verkehrssektors

…viele weitere Folgeeffekte, wie bspw. verbesserte Pünktlichkeit aller Verkehrsteilnehmer = höhere Produktivität insgesamt; höhere Lebensqualität in Städten; weniger Lärm- und Schadstoff-induzierte Erkrankungen = geringere Kosten für das solidarische Gesundheitssystem; geringere Gesamtkosten des Verkehrssystems, da solidarisch verteilt – nicht zu vergessen die externalisierten Kosten…
Um es auf den Punkt zu bringen: Von dieser Entwicklung hätten alle etwas, also auch Radfahrer und Autofahrer. Kommentare wie „Alle zahlen meine Miete, egal ob sie da wohnen oder nicht.“ (Quelle: Facebook-Seite der Berliner Morgenpost) sind da einfach nicht zielführend.

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