Warum der Hyperloop die Lufthansa angreift, nicht die Bahn

Kai Gondlach

Rohrpost für Personentransport. Klingt ein bisschen nach „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“? Dabei ist die Idee von einem Magnetzug in einem Vakuum-Röhrensystem – dem Prinzip Hyperloop – nicht neu, war aber aufgrund der technologischen Hürden selbstverständlich über ein Jahrhundert eine Utopie. Vor einigen Jahren hat dann der wohl prominenteste Milliardär und Technologie-Guru Elon Musk die verrückt anmutenden Überlegungen in einen Bauplan verwandelt, getreu dem Motto „alle sagten, es geht nicht. Dann kam einer, der das nicht wusste und machte es einfach“. Anstatt ein Patent anzumelden warf Musk diesen Plan dem Internet zum Fraß vor, weil er sich zu der Zeit lieber um seine anderen Projekte kümmern wollte.

Es dauerte nicht lang, bis sich einige visionäre Ingenieure daran machten, den Plan auf Machbarkeit zu prüfen – und sich Geschäftsmodelle zu überlegen, mit denen sie auf Investorensuche gingen. Das ging dann alles sehr schnell und plötzlich kristallisierten sich zwei konkurrierende und gleichzeitig sehr unterschiedliche Unternehmen heraus: Hyperloop Transportation Technologies (HTT) und Hyperloop One (heute Virgin Hyperloop One (VHO), nachdem Richard Branson, der andere verrückte Milliardär, dazustieß). Ich hatte das große Vergnügen, mich mit Dirk Ahlborn, dem CEO von HTT beim 2b AHEAD Zukunftskongress 2016 zu unterhalten; da haben wir ihm nämlich einen Innovators Award für sein Projekt verliehen und viele interessante Dinge gelernt.

2020-25: Frachttransporte in Phase 1

Zurück zum Hyperloop an sich. Das Rohrpostsystem verspricht in beiden Varianten Fortbewegung mit nahe-Schallgeschwindigkeit. Der erste Use Case ist natürlich die Beförderung von Fracht, bevor Lebewesen mit den Pods schneller und einfacher denn je zwischen den Metropolen der Welt reisen werden. Erste Strecken werden geplant, selbst der Hamburger Hafen liebäugelt mit dem Hyperloop.

Wenn die Verbreitung des Automobils Kutscher verdrängte, mehrere neue Industrien begründete (neben der Herstellung von Autos und den benötigten Teilen auch zeitgemäßen Straßenbau, Verkehrsleitsysteme, das Kraftfahrtbundesamt und vieles mehr) – welchen Effekt wird dann der Hyperloop haben? Dass die Welt ein weiteres Stück zusammenwächst, liegt auf der Hand. Doch wer sind die Kutscher, die mit den Hufen scharren und die Einführung der ersten Hyperloop-Strecken fürchten? Kleiner Tipp (steht ja auch schon in der Überschrift): Es sind nicht die Bahnunternehmen, denn auf kurzen und mittleren Strecken entfaltet ein Hochgeschwindigkeitszug natürlich nicht sein volles Potenzial.

Luftverkehr-Anbieter investieren in HTT- und VHO-Projekte

Stattdessen sind es die Flugzeugbauer und Airlines, die die Konsequenzen des Hyperloop fürchten und in ersten Projekten mit HTT und VHO stecken. Eine mächtige, zahlungskräftige Konstellation, die zweifellos dazu führen wird, dass nichts ungetan bleiben wird, politische und legislative Hürden zu nehmen und erste Strecken in Betrieb zu nehmen. Auf fast allen Kontinenten sind inzwischen erste Verträge (oft mit Regierungen) in Arbeit oder unterschrieben, die den Weg freimachen für den ersten Spatenstich. In den innovativsten Forschungszentren sowie bei den beiden Hyperloopern arbeiten Wissenschaftler, Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler unter Hochdruck daran, die Röhrensysteme, Pods, Energiemanagement und Innendesign der Systeme zu entwickeln.

Und ganz nebenbei: Natürlich ist ein Hyperloop sehr viel umweltfreundlicher als kerosinbetriebene Flugzeuge. Vorausgesetzt, der Strom stammt von regenerativen Energieträgern. Damit könnten die Hyperloop-Projekte eher unbewusst die Politik und den Energiesektor unter Druck setzen, die Energieerzeugung schneller als eigentlich geplant auf „erneuerbar“ umzustellen. Meine Einschätzung dazu ist, dass auch hier andere Staaten schneller sein werden als Deutschland – selbst wenn wir hier aktuell einen Anteil erneuerbarer Energien im Energiemix haben, der sich international sehen lassen kann.

Die Fahrt im Hyperloop wird kostenlos für Passagiere

Dirk Ahlborn kündigte beim Wirtschaftsforum in Davos 2018 an, in knapp drei Jahren die erste Strecke für Passagiere eröffnen zu können. Übrigens hat er auch angekündigt, dass niemals ein Passagier für ein Ticket zahlen wird, womit wir mal wieder beim Thema kostenloser Verkehr wären. Voraussichtlich wird die erste Hyperloop-Strecke gar nicht soweit von den Bundesgrenzen entfernt liegen: Frankreich möchte das erste europäische Land mit einem Hyperloop sein. Dann möchte ich unter den ersten sein, die Tickets zur Jungfernfahrt haben. Ich werde berichten!

Photo: https://en.wikipedia.org/wiki/Hyperloop

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